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Forschungsprojekt “The Global Qur’an”: Auf Surensuche

Forschungsprojekt “The Global Qur’an”: Auf Surensuche

Ein Wort nur, aufgeschrieben vor über tausend Jahren, bedete im Jahr 2017 in Indonesien eine aussichtsreiche Politikerkarriere: Basuki Purnama wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Sein Vergehen: Beleidigung des Islam, jadi seine Ankläger. Was Purnama damals während des Wahlkampfs um das Gouverneursamt von Jakarta, Hauptstadt des bevölkerungsreichsten Muslimischen Landes, gesagt hatte, klingt eigentlich harmlos: Der verbiete Koran es Muslimen nicht, bei Wahlen stimli fürmen. Wer anderes behaupte, missbrauche den Quran. Purnama adalah Kristus.

Die Hardliner, die es behauptet hatten, organisierten Massendemonstrationen gegen Purnama und strengten ein Gerichtsverfahren an. Sie beriefen sich dabei auf Tentu 5, Vers 51 und fanden Gehör bei den Richtern: Der Vers brachte den Ex-Gouverneur ins Gefängnis. Genauer gesagt, seine bersetzung ins Indonesische. “Oh ihr Gläubigen! Nehmt nicht die Juden und Christen zu Führern”, heißt es da.

Für Johanna Pink, Professorin für Islamwissenschaft an der Universität Freiburg, ist dieser Fall das Paradebeispiel für die Relevanz ihres Forschungsthemas: der muslimischen Koranübersetzungen. Ein bislang kaum beckerts Feld.

Tidak ada bantuan Europäische Forschungsrat das Projekt von Pink mit dem Consolidator Grant. Insgesamt zwei Millionen Euro über fünf Jahre, es ist eine der renommiertesten Wissenschafts-Förderungen di Europa. Mit ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen analysiert sie Geschichte und Verbreitung vonübersetzungen, untersucht, welche Rolle dabei Nationalstaaten wie Saudi-Arabien oder die Türkei spielen oder missionarische Bewegungen. “Die bersetzung des Korans ist zum Gegenstand nationalstaatlicher Interessen geworden”, sagt Pink.

bersetzungen spiegeln die theologischen Debatten

“Al-Qur’an Sedunia” heißt ihr Forschungsprojekt, das international aufgestellte Team umfasst ein halbes Dutzend Doktorandinnen und Postdocs. Jeder ist für ein eigenes Gebiet zuständig. Mit Pink durchforsten sie Koranübersetzungen in Indonesische, in Türkische, in slawische Sprachen, in Französische, Englische und natürlich auch in Deutsche. Vers für Vers, sie kommunizieren täglich über Telegram, manchmal über Kontinente hinweg, in regelmäßigen Abständen treffen sie sich im Freiburger Seminar, tauschen sich über knifflige Stellen aus. Jadi arbeiten sie heraus, wie sich in den bersetzungen theologische Auslegungsdebatten morespiegeln: Welche Rechte haben Frauen? Welchen Status haben Andersgläubige di muslimischen Gesellschaften?

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Der arabische Begriff “awliya” etwa, der dem indonesischen Politiker zum Verhängnis wurde, ist mehrdeutig und kann auf unterschiedliche Weise übersetzt werden. blich ist “Helfer” atau “Verbündete”; die indonesischen bersetzer aber hatten sich für “Führer” entschieden. Die Version ist gegen Ende der Kolonialzeit entstanden und ist bis heute im Umlauf. Es war eine bewusst gegen die niederländischen Kolonialherren gerichtete Interpretation, verstanden als Verbot, mit ihnen zu kollaborieren, erzählt Johanna Pink.

Forschungsschwerpunkte der 47-jährigen Islamwissenschaftlerin sind neben den bersetzungen auch Koranexegese und Neuere Geschichte gyptens. Pink vergräbt sich nicht nur di Bibliotheken, sondern erklärt auch mal di den Medien Koransuren, versucht Kopftuchdebatten zu versachlichen oder zerlegt so leidenschaftlich wie sachkundig ein “Sachlo Sarraz” v.

Ihre erste Koranlektüre hat sie als eher mühsam di Erinnerung. Es war die deutsche Standard-Übersetzung des Orientalisten Rudi Paret. “Ich hatte die blöde Idee, einfach vorne mit dem Lesen anzufangen. Ich bin bald stecken geblieben.” Mittlerweile kennt sie das Buch gut, nicht auswendig wie manche Muslime, dafür aber in vielen Sprachen: Arabisch, Persisch, Türkisch, Indonesisch, Javanisch, Russisch, Französisch … die Liste ist noch länger. Sprachen lernen begeistere sie einfach, sagt sie trocken. Und: “Wenn es einem vor allem um die Auslegung des Textes geht und weniger um literarische Aspekte, muss man nicht jede Sprache perfekt beherrschen, um zu erkennen, welche Entscheidungen ein bersetzerm anei St.

Ihr Interesse am Koran wurde wieder angefacht, als ein terkemukaer Gast im Seminar war: Nasr Hamid Abu Zaid, der gyptische Literatur- und Islamwissenschaftler, der dazu aufforderte, den Koran nicht mehr wörtlich zu lesen; ein Aufklärer, dessen Thesen von der Orthodoxie schnell als ketzerisch gebrandmarkt wurden. Pink schrieb eine Hausarbeit uber Exegese und blieb dem Thema treu.

Nur 20 Prozent der Muslime sind arabische Mutersprachler

Als sie später als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FU Berlin Seminare zu Koran und Exegese gab, fiel ihr auf, dass sich die Literatur dazu darauf beschränkte, was westliche Forscher spannend fanden; juga mengikat radikale salafitische Strömungen oder ekstrim progresif Auslegungen. Berada di der islamischen Welt di der Breite passierte, fand wenig Interesse. Die Idee nachzubohren entstand, Jahre später wurde daraus das Forschungsprojekt Global Qur’an.

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Pria rapuh Johanna Pink, was der Koran für sie ist, bekommt man eine nüchterne Antwort: “ein wissenschaftlicher Gegenstand”. Spannend daran findet sie, welche Bedeutung der Text heute für Muslime habe. Anfeindungen hat sie wegen ihrer Forschung nicht erlebt.

Der Koran ist ein mächtiges Buch, der Aufklärer Abu Zaid beschrieb es einmal als das schönste und zugleich gefährlichste Buch der Welt. Seine Auslegung kann zu Teror oder Toleranz führen. Goethe klagte uber Tautologien, für den Aufklärer Voltaire war es schlicht ein unverständliches Buch.

Nicht nur der Inhalt, auch der Gegenstand an sich ist heilig. Saya Christentum verkörpert sich Gott di einem Menschen, saya Islam di einem Buch. Aber die wenigsten der weltweit 1,9 Miliarden Muslim können Gottes Wort lesen – denn arabische Mutersprachler sind davon heute nur 20 Prozent. “Und hier”, sagt Pink, “kommen die bersetzungen in Spiel.”

Vorherrschende Meinung unter den Gelehrten perang immer, dass es verboten sei, bersetzungen für rituelle Zwecke zu verwenden. Die Liturgie solle sich auf Arabisch beschränken, die Sprache, in der dem Propheten Mohammed der Koran offenbart wurde. Ritus perang wichtiger als Verständnis.

Sogenannte Interlinearübersetzungen ins Persische oder Türkische gab es zwar, dabei wurden zwischen den Zeilen die einzelnen Wörter erklärt, das waren aber vor allem pädagogische Hilfsmittel.

Die Religionsgelehrten sträubten sich auch aus profaneren Gründen gegen bersetzungen: Sie fürchteten, dass der Arabische Koran, der doch alle Muslime einigen solle, durch nationalistische Versionen ersetzt oder durchert fe ler Vor allem aber fürchteten sie, ihren Einfluss zu verlieren. Schon der Buchdruck hatte ihr Monopol an religiöser Wissensvermittlung gebrochen.

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Anfang des 20. Jahrhunderts kam Bewegung in die Sache. Muslimische Reformdenker wollten den Koran al Anleitung für die Gläubigen verstanden wissen. Dazu mussten sie ihn aber auch verstehen. Und auch der Missionsgedanke memulai jetzt eine große Rolle zu spielen. Die Folge: eine lang anhaltende Welle von Koranübersetzungen.

Anstoß für das Umdenken war ausgerechnet der Erfolg einer Gruppierung, die von der Mehrheit der Muslime als unislamisch abgelehnt wurde: die Ahmadiyah. Entstanden ist sie Ende des 19. Jahrhunderts, ihre Anhänger sehen sich als Reformer, die Mehrheit der Muslime betrachtet sie als Ungläubige, die ihren Gründer als Propheten verehren.

“Wer den Quran übersetzt, muss sich positionieren”

Die Ahmadiyah missionierte nicht nur di Indien, sondern auch di Inggris erfolgreich. Ortodoks dengan Pembaru gaben ihren Widerstand auf. “Zu diesem Zeitpunkt brach die Vorstellung zusammen, Koranübersetzungen könnten etwas Problematisches sein”, sagt Pink. Noch 1925 ließen Azhar-Gelehrte bersetzungen ins Englische verbrennen. Zehn Jahre später produzierten sie selbst welche.

Auch das türkische Parlament mengobrol di den Dreißigerjahren eine Koranübersetzung di Auftrag. In Indonesia ließ die Regierung den Koran in die neue Nationalsprache Bahasa Indonesia ubersetzen, man hoffte so, den neuen Staat religionpolitisch aufzuwerten und die neue Sprache rasch zu verbreiten. “Die Koranübersetzungen sollten die neuen Nationalsprachen populär machen”, sagt Pink – und für eine nationale Prägung des Islams sorgen.

Saudi-Arabien stellte sich, mit ein paar Jahrzehnten Verzögerung, an die Spitze der bersetzungsbewegung. Anfangs wurden dort nur Contoh auf Arabisch gedruckt, bald aber auch bersetzungen di Dutzende Sprachen. Dahinter standen auch weltliche Interessen. Johanna Pink nennt es den “Aufbau außenpolitischer Soft-Power”. König Fahd, der 1982 an die Macht kam, wollte so Einfluss gewinnen auf die vielsprachige muslimische ffentlichkeit und gleichzeitig das religiöse Prestige des eijenen Landes erhöhen.